Eine neue Diagnosemethode erlangt die Praxisreife
Forschende haben eine neue Methode zur schnellen Identifikation von bakteriellen Resistenzen entwickelt und ein Diagnosegerät konzipiert, das im Laboralltag leicht zu handhaben ist.
Porträt/Projektbeschrieb (abgeschlossenes Forschungsprojekt)
Eine wirksame Methode zur Eindämmung der Vermehrung resistenter Bakterien besteht darin, den Behandlungsprozess mit demjenigen Medikament zu beginnen, das gegen einen bestimmten Infektionserreger am wirksamsten ist. Voraussetzung dazu ist eine rasche Diagnose zum Resistenzprofil eines Erregers. Die meisten Diagnosemethoden zur Bestimmung der Antibiotikaresistenz von Bakterien benötigen jedoch eine gewisse Zeit: Bis das Ergebnis vorliegt, dauert es mindestens ein bis zwei Tage. Bei Patienten mit schweren bakteriellen Infektionen muss hingegen sofort mit einer Behandlung begonnen werden. In solchen Fällen werden deshalb häufig Breitbandantibiotika verabreicht, was nicht nur die Entwicklung von Resistenzen fördert, sondern auch die Gefahr birgt, dass die Behandlung nicht wirkt.
Glasfasern zur Diagnose von Resistenzen
Eine mögliche Lösung für dieses Problem wurde nun von Forschenden der EPFL vorgeschlagen. Die Gruppe von Giovanni Dietler und Sandor Kasas hat eine Methode entwickelt, die wesentlich schneller ist als bisherige Verfahren. Dazu werden an haarfeinen Glasfasern die zu testenden lebenden Bakterien fixiert. Die Bewegungen der Bakterien übertragen sich auf die Fasern, deren Schwingungen von einem Laser aufgezeichnet und auf einem Computerbildschirm visualisiert werden. Wenn ein Bakterium auf ein Antibiotikum anspricht, stirbt es ab und die Glasfaser bewegt sich nach etwa 10 bis 20 Minuten nicht mehr. Stellt der Laser nach dieser Zeitspanne hingegen noch Bewegungen fest, ist das Bakterium resistent gegen das verabreichte Antibiotikum.
Für den Nachweis der Bewegungen setzte das Team zunächst Rasterkraftmikroskope (AFM) ein. Diese Geräte sind jedoch teuer, von nicht spezialisiertem Personal schwer zu bedienen und nicht als Diagnoseinstrumente geeignet. Ein weiterer Nachteil ist, dass nicht mehrere parallel betrieben werden können. Deshalb entwickelten die Forschenden einen neuen, günstigeren Sensortyp, von dem mehrere parallel eingesetzt werden können. So kann die Zeit, bis das Ergebnis vorliegt, durch die gleichzeitige Messung mit Dutzenden von Sensoren weiter verkürzt werden. Das Forschungsteam testete seine neue Technologie unter realen Bedingungen im Lausanner Universitätsspital CHUV und verglich die Ergebnisse mit herkömmlichen, langsameren Methoden. Dabei erwies sich die Methode als sehr zuverlässig. Die Forschenden konnten die Technik auch an die Bedürfnisse des klinischen Alltags anpassen und die Handhabung der Geräte optimieren.
Auf dem Weg zu einer breiten Anwendung in klinischen Laboratorien
Kasas und Dietler haben gemeinsam mit der Mikrobiologin Danuta Cichoka das Start-up Resistell gegründet. Das Unternehmen hat die AFM-Technologie weiterentwickelt und bietet nun ein Diagnosegerät an, das im Laboralltag effizient und einfach zu handhaben ist. Bisher werden die Geräte hauptsächlich in der Forschung eingesetzt. Das Unternehmen arbeitet jedoch an einer breiten Vermarktung für die klinische Diagnostik in Spitälern und Arztpraxen. Resistell möchte mit dem breiten Einsatz der neu entwickelten Technologie einen wesentlichen Beitrag zur Optimierung des Antibiotikaeinsatzes in der Humanmedizin leisten.
Stand: August 2022
Originaltitel
A new rapid and reliable bacterial phenotypic diagnostic technique detecting bacterial susceptibility to antibiotics using optical fibers