Begleitstudie zum NFP 72 abgeschlossen

Der Blick von aussen auf die fachübergreifende Zusammenarbeit im NFP 72 bekräftigt den eingeschlagenen anspruchsvollen Weg.

Während sieben Monaten untersuchten Flurina Schneider, Isabelle Providoli und Christian Eismann der Universität Bern die interdisziplinäre Zusammenarbeit im NFP 72. An der Programmtagung Ende März hat Flurina Schneider nun die Resultate vorgestellt und mit den Teilnehmenden diskutiert. Ziel der Studie war zu verstehen, wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im NFP fächerübergreifend gemeinsam forschen, und aufzuzeigen, wie Kooperationen gestärkt werden können.

Das ist zentral in Hinsicht auf die Problematik zunehmender antimikrobieller Resistenzen. Denn diese sind die Folge komplexer Prozesse, die über die Bereiche Mensch, Tier und Umwelt in Zusammenhang stehen. Und ebenso erfordert ein umfassender Lösungsansatz gemeinsame Beiträge verschiedener Disziplinen in Wissenschaft und Praxis. Der Begriff "One Health" hat sich hierfür etabliert.

Forschende beurteilen Zusammenarbeit positiv

Schneider zieht zum bisherigen Verlauf des NFP 72 ein erfreuliches Fazit: "Die Forschenden beurteilen die interdisziplinäre Zusammenarbeit durchwegs als positiv, auch wenn sie nicht immer einfach ist und hohe Ansprüche stellt". So bedienen sich etwa verschiedene wissenschaftliche Disziplinen sehr unterschiedlicher Sprachen und Konzepte, was auch für die im NFP 72 am häufigsten vertretenen Fächer gilt: Humanmedizin, Veterinärmedizin, Umweltwissenschaften, Pharmazie, Chemie, Biologie, Physik und Mathematik.

Die grössten Herausforderungen liegen jedoch oft auch in ganz praktischen Dingen wie der zeitlichen Projektorganisation von Teams, deren Mitglieder an unterschiedlichen Orten arbeiten, oder in Fragen des Austausches von unterschiedlich kodierten Daten.

Hohe Ansprüche bringen das Feld voran

Ihre Erkenntnisse stützt Schneider auf schriftliche Befragungen und mündliche Interviews mit Projektmitarbeitenden auf allen Stufen, von den leitenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern über Doktorierende bis zu Studentinnen und Studenten, wobei von vielen Forschungsprojekten mehrere Personen Auskunft gaben.

Es zeigte sich, dass die meisten Forschende über Erfahrung in interdisziplinärer Zusammenarbeit verfügen, aber die besondere Ausrichtung des NFP 72 auf den umfassenden One Health-Ansatz für viele neu war. "Wir haben festgestellt, dass es unterschiedliche Auffassungen und offene Fragen dazu gibt, wie der One Health-Ansatz in der Forschung idealerweise umgesetzt wird", so Schneider.

Selbstreflektion ist Teil der Zusammenarbeit

Es hätten sich deshalb einige Forschende mehr Unterstützung und Austausch bereits während der Projektformulierung gewünscht. "Auf der anderen Seite wird klar, dass die hohen Ansprüche an One Health-Forschungsprojekte, die das NFP 72 in seiner Ausschreibung stellte, mit dazu geführt haben, dass sich das Feld nun intensiv mit diesen Fragen auseinandersetzt", so Schneider.

Genau diese Selbstreflektion erachtet Flurina Schneider als besonders wichtig. Die stark interdisziplinär und auf die Praxis ausgerichtete Forschung, wie sie im NFP betrieben werde, sei schon rein von der Planung her komplexer als die gewohnten Abläufe – und deshalb sei es notwendig, immer wieder innezuhalten und zu prüfen: Stimmt die Richtung, reden wir noch alle vom Selben, fügen sich die verschiedenen Disziplinen sinnvoll zusammen?

Erkenntnisse finden Eingang ins NFP 72 und darüber hinaus

Das NFP 72 nimmt diese Empfehlung auf und wird in Zukunft in den jährlichen Zwischenberichten der Projekte speziell auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit – auf gute Erfahrungen, aber auch auf Schwierigkeiten – eingehen. Auch der im Verlauf der Studie viel geäusserte Wunsch nach vertieften Möglichkeiten des Austauschs wird in den weiteren Programmtagungen Niederschlag finden.

Nadine Metzger, Bundesbeobachterin im NFP 72 und Projektleiterin Bereich Tier der Nationalen Strategie Antibiotikaresistenzen StAR, sieht in diesem Prozess zudem einen Mehrwert, der über das aktuell laufende NFP hinaus geht: "Die hier gewonnen Erkenntnisse zu Möglichkeiten und Herausforderungen der interdisziplinären Zusammenarbeit sind allgemein von grosser Bedeutung", sagt sie. "Für zukünftige Vorhaben besteht ein besseres Verständnis dafür, wie die Wissenschaft in einem One Health-Ansatz gewinnbringend Lösungen erarbeiten kann. Dadurch können wir beispielsweise Forschende gezielter unterstützen und vernetzen."