Abgeschlossenes Projekt: Antibiotikaresistenz in Schweinehöfen der Schweiz
Forschende fanden bei Mastschweinen wenig antibiotikaresistente Keime. Unklar ist, ob sich daraus ein gesundheitliches Risiko für die Tierhalter ergibt.
Verschiedene antibiotikaresistente Bakterien können von Nutztieren auf den Menschen übertragen werden. Bei Schweinen geben dabei vor allem Enterobakterien (E. coli), die gegen das Antibiotikum Colistin oder gegen Antibiotika der Gruppe der Cephalosporine resistent sind, Anlass zur Sorge. Allerdings ist wenig darüber bekannt, wie hoch die Übertragungsrisiken für den Menschen – besonders für Schweinemäster – tatsächlich sind und welche Faktoren sie beeinflussen. Dies haben nun Markus Hilty und sein Team vom Institut für Infektionskrankheiten der Universität Bern mit Kolleginnen von weiteren Forschungseinrichtungen untersucht.
Die Forschenden verfolgten dabei einen One-Health-Ansatz: Einerseits haben sie beobachtet, wie sich das Vorkommen der resistenten Erreger bei den Schweinen selbst in ihrem Lebenszyklus verändert, andrerseits haben sie auch bei den Schweinemästern und in der Umgebung der Betriebe (z.B. im Boden) Proben entnommen und analysiert. Mittels Gesamtgenomsequenzierung (WGS - Whole Genome Sequencing) konnten sie so nachvollziehen, ob resistente Erreger übertragen werden, aber auch, ob diese ihre Resistenzgene an andere Bakterien im menschlichen Darm oder in der Umwelt weitergeben. Denn die Fähigkeit von Bakterien zum sogenannten horizontalen Gentransfer ist ein wichtiger Faktor bei der Verbreitung von Resistenzen über verschiedene Bakterienarten hinweg.
Geringe und über die Zeit abnehmende Belastung mit resistenten Keimen
Zwischen 2017 und 2019 nahmen Markus Hilty und sein Team in über dreissig Betrieben jeweils bei dreissig Schweinen mehrmals Proben. Es zeigte sich, dass das Vorkommen der gesuchten resistenten Erreger bei Ferkeln, die noch bei der Mutter saugen, am höchsten ist: Knapp über 6 % dieser Proben enthielten Cephalosporin-resistente Enterobakterien, knapp über 5 % der Proben enthielten Colistin-resistente Enterobakterien. Nach der Umstellung der Schweine auf reguläres Futter nahmen diese Werte ab und sanken während der letzten Lebensphase, der Mästung, noch weiter: Von den Proben aus dieser letzten Phase enthielten noch weniger als 2 % Cephalosporin-resistente Enterobakterien und weniger als 4 % Colistin-resistente.
Die Forschenden schätzen diese Werte als gering und wenig besorgniserregend ein. Sie vermuten, dass die tiefen Werte auf den im Veterinärsektor insgesamt zurückgegangenen Antibiotikaeinsatz zurückzuführen sind. Allerdings gab es zwischen den Schweinehaltungen klare Unterschiede bezüglich der Verbreitung der resistenten Erreger. Entscheidend dabei war nicht nur, wie viel Antibiotika in einem Betrieb eingesetzt wurden. Vielmehr stellten sich die Schweinehaltungspraktiken als wichtigster Faktor heraus: Mastsysteme, bei denen jeweils sämtliche Schweine gleichzeitig in die gesäuberten Ställe kommen und bis zur Schlachtung nicht mehr mit anderen Schweinen durchmischt werden (All-in-All-out-Systeme), verzeichneten klar weniger antibiotikaresistente Keime.
Veränderte Darmmikrobiota bei Schweinemästern
Da Enterobakterien vor allem den Darm besiedeln, untersuchten Hilty und sein Team auch die Zusammensetzung der Mikrobengemeinschaft im Darm – die sogenannte Darmmikrobiota – von Schweinemästern. Die Gensequenzierung von menschlichen Stuhlproben zeigte, dass diese tatsächlich mit einem höheren Anteil an Bakterien besiedelt sind, die sich typischerweise oft in Schweinen finden. Das heisst, dass der beruflich bedingte nahe Kontakt zu Schweinen die Darmmikrobiota beeinflusst. Vorläufige Datenanalysen der Forschenden weisen darauf hin, dass die Situation für antibiotikaresistente Erreger ähnlich ist. Ob sich daraus ein gesundheitliches Risiko ergibt, müssten weitere Studien klären. Präventive Massnahmen wären jedoch relativ einfach zu verbessern. So erkannten die Forschenden, dass viele Mikroorganismen mit Aerosolen in die Luft gelangen und eingeatmet werden können. Die bisher kaum verbreitete Nutzung von FFP2-Schutzmasken könnte dies wirksam verhindern.
Stand: Mai 2022