Abgeschlossenes Projekt: Phagen: vielseitiger als angenommen
Phagen töten Bakterien ab. Doch bei diesem Prozess können sie gleichzeitig Antibiotikaresistenzen verbreiten. Neue Erkenntnisse zeigen Gefahren – und Chancen – von Phagen in der Medizin auf.
Phagen greifen ein Bakterium an (Darstellung).
Bakteriophagen (kurz: Phagen) sind Viren, die Bakterien infizieren und töten. Seit einiger Zeit wird deshalb in der Forschung versucht, Phagen gezielt zur Behandlung bakterieller Infektionen einzusetzen. Doch Phagen können nicht nur Bakterien zerstören, sondern auch Resistenzgene zwischen Bakterien übertragen. Dieser Vorgang beginnt damit, dass sie ihr Erbgut in die Wirtszelle injizieren, damit sie sich darin vermehren können. Das Bakterium produziert daraufhin neue Viruspartikel, packt aber in gewissen Fällen auch eigenes genetisches Material mit ein – manchmal auch ein Resistenzgen. Wenn einer dieser neu entstandenen Virenpartikel anschliessend ein anderes Bakterium infiziert, kann die Resistenz mit übertragen werden. Dieser Mechanismus wurde in Studien zu Antibiotikaresistenzen bisher kaum beachtet, weshalb unklar ist, welche Rolle Phagen – die am häufigsten vorkommenden biologischen Einheiten auf der Erde – bei der Verbreitung von Antibiotikaresistenzen bei Menschen, Tieren und in der Umwelt spielen.
Phagen befallen mehr verschiedene Bakterien als angenommen
Anders als erwartet zeigte sich, dass Phagen nicht nur eine, sondern im Durchschnitt vier verschiedene Bakterienarten befallen können. Das Forschungsteam beobachtete, dass eine Staphylokokken-Art durch «gemeinsame» Phagen mit durchschnittlich mehr als 17 anderen Arten Erbmaterial austauschen kann. In einem anderen Experiment führten sie ein zuvor nicht vorhandenes natürliches mobiles Resistenzgen in ein Bakterium ein. Ergebnis: Das Resistenzgen wurde ebenfalls in neue Viruspartikel eingebaut. Dies zeigt, dass Phagen weit verzweigte Netzwerke schaffen, durch die sich Antibiotikaresistenzen zwischen Bakterienarten im gesamten biologischen System von Mensch, Tier und Umwelt verbreiten können. Für künftige Forschungsarbeiten über Antibiotikaresistenzen sind diese Erkenntnisse bedeutend. Sie verdeutlichen ausserdem, dass es wichtig ist, Phagen in der Abwasserbehandlung effizient zu beseitigen.
Zentral sind die Ergebnisse der Forschungsgruppe aber auch für den Einsatz von Phagen zur Bekämpfung von bakteriellen Krankheitserregern bei Menschen. Denn aufgrund des nun entdeckten breiten Wirtsspektrums lassen sie sich einfacher gegen viele verschiedene Bakterien einsetzen. Allerdings muss dabei sichergestellt werden, dass sie nicht ungewollt Resistenzgene übertragen. Phagen, die in Arzneimitteln zur Anwendung kommen, müssen deshalb einen möglichst fehlerfreien Vermehrungsmechanismus besitzen.
Kläranlagen: eine wahre Fundgrube für Phagen
Elena Gomez Sanz und ihre Gruppe an der ETH Zürich haben diese Prozesse nun genauer untersucht – und Überraschendes entdeckt. Bisher wurde angenommen, dass verschiedene Phagen jeweils nur ganz bestimmte Bakterien infizieren. Dadurch wäre ihr Wirkungsbereich eingeschränkt, und es würde eine natürliche Barriere für die Verbreitung von genetischem Material – und damit auch von Antibiotikaresistenzen – durch Phagen bestehen. Bei Staphylococcus aureus (die bekannteste Staphylokokken-Art) wird diese Form von Gentransfer zwar seit Langem erforscht, aber vor allem bei Proben aus der Humanmedizin mit klinisch direkt relevanten Phagen.
Im Gegensatz dazu suchten Elena Gomez Sanz und ihr Team in ihrem Projekt nach möglichst vielen verschiedenen natürlich vorkommenden Phagen von Staphylokokken. Sie fanden diese in Kläranlagen, wo vielfältige Bakterien und die entsprechenden Phagen aufeinandertreffen. Sie kommen von Menschen, Tieren, Haushalten, Industrie und Landwirtschaft. Für ihre Studie konnten die Forschenden fast hundert Phagenarten aus dem Klärwasser isolieren. In Laborversuchen bestimmten sie, welche Bakterien von diesen Phagen infiziert werden. Dazu untersuchten sie gegen 120 Bakterienstämme aus 29 Staphylokokken-Arten.
Phagen befallen mehr verschiedene Bakterien als angenommen
Anders als erwartet zeigte sich, dass Phagen nicht nur eine, sondern im Durchschnitt vier verschiedene Bakterienarten befallen können. Das Forschungsteam beobachtete, dass eine Staphylokokken-Art durch «gemeinsame» Phagen mit durchschnittlich mehr als 17 anderen Arten Erbmaterial austauschen kann. In einem anderen Experiment führten sie ein zuvor nicht vorhandenes natürliches mobiles Resistenzgen in ein Bakterium ein. Ergebnis: Das Resistenzgen wurde ebenfalls in neue Viruspartikel eingebaut. Dies zeigt, dass Phagen weit verzweigte Netzwerke schaffen, durch die sich Antibiotikaresistenzen zwischen Bakterienarten im gesamten biologischen System von Mensch, Tier und Umwelt verbreiten können. Für künftige Forschungsarbeiten über Antibiotikaresistenzen sind diese Erkenntnisse bedeutend. Sie verdeutlichen ausserdem, dass es wichtig ist, Phagen in der Abwasserbehandlung effizient zu beseitigen.
Zentral sind die Ergebnisse der Forschungsgruppe aber auch für den Einsatz von Phagen zur Bekämpfung von bakteriellen Krankheitserregern bei Menschen. Denn aufgrund des nun entdeckten breiten Wirtsspektrums lassen sie sich einfacher gegen viele verschiedene Bakterien einsetzen. Allerdings muss dabei sichergestellt werden, dass sie nicht ungewollt Resistenzgene übertragen. Phagen, die in Arzneimitteln zur Anwendung kommen, müssen deshalb einen möglichst fehlerfreien Vermehrungsmechanismus besitzen.